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Historische Wurzeln, gegenwärtige Lebensweisen und zukünftige Perspektiven der Samen in unserer globalisierten Welt

Lappland Norwegen Schweden


Anna-Maria Manz lernt samisch und fährt 2005 per Fähre und Zug nach Norwegen um die Lebensweise der Samen kennenzulernen. Sie wohnt in samischen Familien, lernt viel über die Rentierhaltung, das Lasso-Werfen und darf eine samische Tracht anprobieren. Sie ist gern gesehener Gast, lernt die traditionelle Handarbeitstechniken kennen und hilft in den Familien, wo sie nur kann.

Meine zis-Reise führte mich nach Skandinavien, genauer nach Sápmi – mitten ins Land und Leben des einzigen indigenen Volkes Europas, den Sami. Erste Assoziationen mit der besser als „Lappen“ bekannten Ethnie sind Rentiere, Zelte, bunte Trachten, ein abenteuerliches Leben als Nomaden in den unbevölkerten, rauen Landschaften Skandinaviens. Kurz bevor ich Sápmi wieder verlassen habe, sagte Mads zu mir: „Wenn du zurück nach Deutschland kommst, dann erzähle ihnen, dass wir nicht in Zelten leben, sondern ein Haus haben, mit fließendem Wasser und Strom. Dass wir Telefon und Fernseher benutzen und Auto fahren.“

Und dennoch war für mich eines der eindrucksvollsten Erlebnisse meiner zis-Reise die Zeit in den Bergen bei den Rentieren – ohne Wasser und Strom, Telefon und Fernsehen –, die zumindest den Ansatz eines Eindrucks des samischen Lebens vor der Sesshaftwerdung und Eingliederung in die norwegische Gesellschaft vermittelt hat und Einblicke in einen für die kulturelle Identität der Sami bedeutsamen Lebensbereich gegeben hat.

Mitten in der Einsamkeit des norwegischen Fjells steht die Holzhütte von Onkel Knut, aus der behaglich Rauch in die Luft steigt. Die Hütte, in der ich mit Anna und den Kindern über dem Feuer das Abendessen koche, ist mit Ästen und Rentierfellen ausgelegt, drinnen ist es angenehm warm. Oben in der Hütte ist eine Öffnung, durch die der Rauch nach draußen zieht – wenn er sich nicht gerade im Raum verteilt.

Später fischen die Kinder an einem See in der Nähe des Rentiermarkierungsplatzes, während Anna, Maja und ich es uns auf Rentierfellen an einem Lagerfeuer gemütlich machen. Wir warten auf die Rentiere – zurzeit werden die kleinen Kälber von ihren Besitzern im Ohr mit deren Besitzzeichen markiert. Dazu schneidet man mit einem Messer ein bestimmtes Muster in das Ohr des Tieres. Plötzlich kommt Bewegung auf – die Kinder haben die Motorräder vernommen, mit denen die Rentiere, die sich in Herden frei im Fjell bewegen, auf den Platz getrieben werden. Während früher alles zu Fuß und auf Skiern erledigt wurde, benutzt man heute Snowscooter, Motorräder und sogar Hubschrauber.

Vor den Markierungsarbeiten bauen wir erst unser Zelt auf und entzünden darin ein wärmendes Feuer. Gerade als wir es uns auf den Rentierfellen gemütlich gemacht haben, beginnt es zu regnen. Mads ist ziemlich durchnässt und hängt seine Kleidung zum Trocknen auf. Er verwendet das traditionelle Schuhgras, das die Füße warm und trocken hält. Aber auch hier gibt es Cola und heiße Schokolade aus Päckchen und Nudeln aus dem Supermarkt.

Leben  zis-Tagebuch/

Bei den Markierungsarbeiten darf ich mit auf dem Platz sein und Anna sogar einmal behilflich sein. Während ich das unruhige Tier an der angenehm warmen Schnauze festhalte, schneidet Anna mit dem Messer ihr Zeichen ins Ohr. Dann lässt sie das Tier wieder laufen und versucht, wie die anderen Hirten, mit dem Lasso den restlichen Neuzuwachs ihrer Herde einzufangen. Die abgeschnittenen Stücke der Ohren steckt sie ein, damit sie später weiß, wie viele Kälber in ihrer Herde geboren wurden. Die Kälbermarkierung dauert eine ganze Nacht hindurch – nach der wir ermüdet das Lager abbrechen und in das warme Haus mit der heißen Dusche und den selbstgebackenen Laepje, einer Art Brot, zurückkehren. Aber der Geruch von Rauch im Haar hält sich hartnäckig, und mein Erlebnis bleibt auch in der ganz anderen Lebenswelt präsent.

Es sei nochmals an die eingangs erwähnten Worte von Mads erinnert – in der Rentierwirtschaft, von der ohnehin nur noch weniger als zehn Prozent der Sami leben, haben sich in den letzten Jahrzehnten bedeutende Veränderungen vollzogen. Die Zeit in den Bergen beschränkt sich auf wenige Tage oder Wochen, die Lebensform „Nomade“ hat sich entwickelt hin zu dem Beruf Rentierhirte – wenn auch dessen Leben noch sehr vom Lebensrhythmus der Tiere bestimmt wird. Das Alltagsleben eines Sami unterscheidet sich nicht wesentlich von dem unseren – ein „lebendes Museum“, in dem man ein exotisches „Urvolk“ besichtigen kann, findet sich in Lappland bestimmt nicht.

Das Erlebnis in den Bergen war eine Facette meiner Reise, die geprägt war von vielen weiteren Eindrücken – von Aufenthalten und Erlebnissen bei verschiedensten aufgeschlossenen und warmherzigen Menschen, die mir Einblicke in die Kultur der Sami ermöglicht haben. Das nehme ich mit von den Sami – einer vielen unbekannte Ethnie, die für ihre Rechte und Repräsentation auf einer anderen Ebene als der der Touristenattraktion kämpft. 


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