Eine Reise, die durch viele Länder Osteuropas führte und die viele Eindrücke bei mir hinterließ. Eselkarren auf der Straße, winzige Häuslein, Armut, die alte Frau im Zug, die mich zu sich einlud, aber auch den atemberaubendsten Sonnenuntergang, den ich je gesehen habe.
Es war eine von Gegensätzen geprägte Reise. Auf der einen Seite begegneten mir Frauen, die im Einklang mit dem Koran leben wollen und daher auch ein Kopftuch tragen möchten, die es im Alltag jedoch oft schwer haben. Eine junge Frau erzählte mir, dass sie nur dank ihres aufgeschlossenen Universitätsrektors studieren kann. Denn eigentlich darf in der Türkei keine Kopftuchträgerin ein Staatsgebäude betreten. Für viele ist der einzige Ausweg in diesem Konflikt eine Perücke, welche die eigenen Haare verdeckt.
Und so ziemlich jede unbedeckte Türkin, mit der ich mich unterhielt, beschimpfte diese Frauen bis aufs Äußerste. Für mich war und ist es unerklärlich, wie eine Gesellschaft sich so weit „auseinander leben“ kann. Mein Eindruck war, dass zwei vollkommen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen Meinungen und Zielen nebeneinander leben, ohne Schnittmenge und ohne Verständnis für die anderen.
Diese Zerrissenheit hat mich während meiner Reise tief bewegt und auch meine Sichtweise verändert. Während ich zu Beginn bedeckten Frauen eher mit einem inneren Abstand begegnet bin, konnte ich mich im Laufe der Zeit immer mehr in sie hineinfühlen. Und dennoch bin ich mir sicher, dass ich gar nicht das gesamte Spektrum der Gegensätzlichkeit der türkischen Gesellschaft erlebt habe, denn das war schlicht unmöglich. Zweimal dachte ich, dass ich das Wochenende in einer eher konservativen, gläubigen Familie verbringen kann. Beide Male war ich eingeladen. Eingeladen mit viel Herzlichkeit und tausend Vorschlägen, was ich mir alles anschauen soll. Die Koranschule, welche die Tochter besucht, die Hochzeit eines Bekannten,… Zweimal stand ich mit gepacktem Rucksack am verabredeten Treffpunkt, aber bei beiden Familien kam etwas dazwischen. Für mich war das natürlich sehr schade. Dennoch bin ich beiden Familien für den Einblick in die türkische Gesellschaft dankbar, den sie mir durch ihre Erzählungen gegeben haben.
Als ich nach Deutschland zurückkam war ich anfangs erschlagen. Das saftige grün der Wiesen, die großen und weit auseinanderstehenden Häuser, die großen Supermärkte. Inzwischen habe ich mich natürlich wieder daran gewöhnt. Was bleibt, sind die entstandenen Freundschaften, die Eindrücke und Erfahrungen. Und auch wenn ich vor meiner Reise über diesen Satz gelacht hätte: Ich weiß jetzt wer ich bin, was mir im Leben wichtig ist. Ich war zwar nie unselbstständig und auch schon öfters mal allein im Ausland, auch für einige Wochen. Aber erst in Istanbul war ich wirklich auf mich selbst gestellt, ohne soziales Netzwerk, das im Notfall aushilft. Während ich mich anfangs dagegen sträubte, stellte ich mit der Zeit fest, dass irgendwie dann doch alles klappt, wenn man sich nur bemüht.
Daher war meine zis-Reise für mich persönlich auch eine wirkliche Erfahrung, beinahe ein Lehrstück. Und obwohl ich im Nachhinein sagen muss, dass ich ein so abstraktes Reisethema gewählt habe, für das man nach vier Wochen unmöglich ein umfassendes oder abschließendes Fazit ziehen kann, so war es für mich dennoch eine beeindruckende und prägende Reise.