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Die polnische Landwirtschaft seit dem EU-Beitritt 2004

Polen


Ein langer schriller Pfiff und die schweren roten Metalltüren des polnischen Fernzuges schlagen zu. Mit lautem Rattern setzt seinen Weg entlang der rostigen Schienen fort. Da stehe ich nun, allein auf einem kleinen Bahnhof mitten in Polen. Nur ein altes verfallenes Gebäude und ein paar lose aneinander gelegte Ziegel lassen ihn als Bahnstation erkennen. Es ist noch nicht einmal vier Uhr morgens und mein Ziel ein 40 km entfernter Bauernhof in Krzetow.

Unter dem schmalen Lichtkegel einer Laterne suche ich im Autoatlas den vorher eigentlich so gut geplanten Weg. Zu Hause während der Planungsphase war dies alles so fremd, so anders. Hier nun, allein mitten in der Nacht auf einem nur spärlich beleuchteten Bahnhof, erscheint der Gedanke an diese Zeit so fern und doch mein Ziel nicht wirklich näher. In Anbetracht der Dunkelheit und den quasi nicht vorhandenen Ausschilderungen wird mein Kompass zum wichtigsten Hilfsmittel. Ich weiß nicht wie oft ich im Kreis gefahren bin, die Strecke jedenfalls schien endlos lang, vielleicht auch wegen der Dunkelheit und der bellenden Hunde, welche an fast jedem Gartenzaun meine Fahrt begleiteten. Vorbei an kleinen verschlafenen Dörfern, die nur aus einer Straße und zwei bis drei Häusern bestehen, entlang an Bauernhöfen, gemauerten Einfamilienhäusern und kleinen Lebensmittelläden fahrend, erreichte ich an jenem Tag im August 2007 mein Ziel.

Froh mit dem voll bepackten Fahrrad diese erste Herausforderung gemeistert zu haben, begann für mich damals ein ganz besonderes, spannendes Abenteuer. Allein machte ich mich auf um fernab der Touristenstraßen in die polnische Kultur einzutauchen. Mit Zug, Bus und Fahrrad legte ich in 28 wunderschönen Tagen mehr als 4000 Kilometer quer durch Polen zurück und lernte so das Land aus ganz vielfältigen Perspektiven kennen. Das Ziel meiner Reise war es, die Veränderung der polnischen Landwirtschaft seit dem EU-Beitritt 2004 zu untersuchen. Von Bauernhof zu Bauernhof reisend lernte ich nicht nur verschiedene landwirtschaftliche Bewirtschaftungsformen kennen sondern bekam auch Einblicke in den Veränderungsprozess der polnischen Landwirtschaft. Ich meisterte gemeinsam mit den Familien den Alltag und tauchte ins Landleben ein, eine für mich fremde Kultur. Ob nun das Kühe melken, die endlosen Fahrradtouren quer Feld ein, die Wartezeiten in den Landwirtschaftsministerien, lustige gemeinsame Abende am Lagerfeuer, Kajaktouren auf der Pilica, Radtouren durch den Bialowieza Nationalpark, Begegnung mit Wildschweinen oder der Rettung aus dem Sumpf – all diese Erlebnisse machten für mich diese Reise zu etwas Besonderem.

Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich weniger an den kleinen Erfolgserlebnissen dieser Reise gewachsen bin, als an Situationen in denen ich scheitern durfte. Denn etwas nicht zu schaffen heißt so gleich eine neue Erfahrung und einen neuen Weg zu entdecken, es vielleicht doch schaffen zu können. Jedes Scheitern führt in seiner Konsequenz zu etwas Neuen, einem neuen Weg zum Ziel. Gerade die Umwege, die kleinen verwinkelten Gassen und der Blick zur Seite machten für mich diese Reise zu etwas Besonderem. So viele neue Eindrücke, so viele interessante Menschen haben in diesem Sommer mein Leben bereichert und mir den Blick zur Seite gelehrt. Auch über Sumpfwanderungen oder Wildschweine, welche mich nachts beim Zelten überraschten, bin ich glücklich, denn diese waren die kleinen verwinkelten Gassen durch diese das Ganze erst zu einem Erlebnis wurde. Eine Reise, welche nur dank der Hilfe großartiger Menschen funktionieren konnte und auch nur durch diese zu etwas Besonderem wurde. Vielleicht war dies keine Reise in hochbrisantes Konfliktgeschehen, wohl aber eine Reise zu Menschlichkeit und Nächstenliebe.

Auf einer zis-Reise ist es nicht wichtig wohin man reist, sondern wie man reist. Es war nicht immer leicht – um ehrlich zu sein, es war nie leicht – und doch bin ich froh, dank zis die Möglichkeit gehabt zu haben, an meine Grenzen zu stoßen und auf eigenen Wegen so viel Neues zu entdecken und mich weiter zu entwickeln. Im Prozess dieses „Weiterentwickelns“ war zis nur ein Teil. Ich bin wieder zu Hause und nun warten neue Herausforderungen auf mich, die es ebenso zu meistern gilt. Doch bestimmt werde ich auch im Studium ab und zu in einer ruhigen Minute wehmütig an die schönen Stunden in Polen zurück denken und mir wünschen, noch einmal so unbeschwert einfach Zeit zu haben für Begegnungen, Gespräche und eigene Entdeckungen in einer Welt, die vor sich weg zu rennen scheint…

Vielen Dank den treuen Förderern und engagierten ehrenamtlichen Mitarbeitern von zis! Nur durch Sie lebt diese einzigartige Idee!


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