Voller Vorfreude stehe ich im Zug, sehe meine Heimatstadt an mir vorbeiziehen, bevor ich ein letztes Mal mein vollgepacktes Fahrrad aus dem Zug schiebe und vor Glück fast anfange zu weinen, als ich das erste bekannte Gesicht wiedersehe. Die letzten paar Kilometer nach Hause strampele ich nach 4 Wochen Fahrraderfahrung mühelos weg und schon unterwegs fallen mir so viele Unterschiede der Fahrradinfrastruktur Zwischen meiner Heimatstadt und meinem zis-Reiseland Dänemark auf.
Dieser neue und geschärfte Blick auf Fahrradwege, -ampeln, -schilder und alles, was mit Fahrradfahren zu tun hat, hat sich mit jedem der 1.414 Fahrradkilometer und unzähligen Recherchen auf der Reise geschärft und verändert. Auf verschiedenen Fahrradnationalrouten, kleinen abgelegenen Schotterwegen, in größeren Städten, bei Fahrradvereinsvorsitzenden und den vielen anderen Menschen, die ich auf dieser besonderen Reise treffen durfte, konnte ich mich über die Fahrradkultur austauschen: ein Thema, das mich persönlich als Allwetter-Fahrradfahrerin prägt und aus Nachhaltigkeitsgründen mehr Beachtung bedarf und bekommt.
Von speziellen Fahrradbrücken und grünen Wellen für Fahrradfahrer über die großartigen Möglichkeiten für Fahrradfernreisen auf den Nord- oder Ostseeküstenradwegen bis zu den separaten Fahrradwegen in kleinen Dörfern konnte ich an vielen Stellen sehen, dass das Fahrrad in Dänemark eine andere Bedeutung hat als bei uns, was mich immer noch begeistert und ich mir auch für Deutschland wünsche. Doch dass dies ein langer Weg war und ist, habe ich in den Gesprächen mit Fahrradenthusiasten und -förderern herausgehört.
In diesem besonderen Jahr 2020 reisen zu können, war eine interessante Erfahrung. Glücklicherweise waren die Inzidenzen im Juli in Dänemark nahezu null und es gab kaum Beschränkungen, sondern nur literweise Desinfektionsmittel und selbst Masken musste ich erst ab dem Grenzübertritt nach Deutschland wieder tragen. Auf den Fahrradwegen war pandemiebedingt deutlich mehr los, sodass ich ausländische und einheimische Fahrradtouristen direkt an den Routen ansprechen konnte.
So sehr ich auf der Reise gedanklich mit meinem Thema beschäftigt war, so spüre ich jetzt, was mir mein Reiseabenteuer persönlich gebracht hat. Ich bin dank meiner zis-Reise spontaner geworden und weiß, dass man auch ohne festen Plan gut zurechtkommt, habe gelernt über ein kleines finanzielles Budget die Übersicht zu behalten, bin selbstständiger geworden, habe meine Englischkenntnisse verbessert und den Mut gefunden, fremde Menschen auf Englisch anzusprechen und mit ihnen mehr als nur über das Wetter zu reden. Ich bin offener und neugierig, auf die kleinen und großen Erlebnisse des Lebens, habe Lust zu Reisen und Abenteuer zu erleben, weiß, dass ich alleine viel schaffen kann Außerdem habe ich gelernt, mit Einsamkeit und Traurigkeit umzugehen und immer etwas Gutes zu sehen und bin letztlich glücklich zurückgekehrt – mit 4 Wochen voller Abenteuer und Erinnerungen im Gepäck!
