Versöhnung der Irischen Gesellschaft im Schatten des Nordirlandkonflikts - angewandte und mögliche Friedenspolitik

Great Britain


Es ist Sommer. In den Straßen Dublins herrscht hektisches Treiben. Straßenmusiker und Musikerinnen spielen an jeder Ecke. Menschen strömen durch die Gassen der Innenstadt an Molly Malone vorbei. Dort lassen sich die vielen Touristen fotografieren, setzen sich entweder in die Cafes oder verweilen in den einladenden Parks der Stadt.

Tage später hat sich das Wetter gewandelt und der irische Sommer zeigt sich von einer anderen Seite. Es regnet unaufhörlich.

So könnte ein Reisebericht von der grünen Insel beginnen. Auch diese Seite Irlands habe ich erlebt und genossen. Aber ich war vor allem nach Dublin gekommen, um mehr über die Geschichte des Konfliktes in Irland zu erfahren und wie die Menschen mit der neuesten Entwicklung umgehen oder darüber denken. Mein Thema, das ich mit dem zis-Stipendium erforschte, lautete: „Der Nordirlandkonflikt - angewandte und mögliche Friedenspolitik“

In der Lounge des noblen Dubliner Hotels „Conrad“ erwartete mich Paul Gleeson, ein ranghohes Mitglied des Auswärtigen Amtes Irlands, um mit mir über den Nordirlandkonflikt und die Lage des Landes zu sprechen. Am 10. April 1998 fand der Konflikt sein offizielles Ende durch das Karfreitagsabkommen. Für Gleeson ist der Konflikt damit endgültig vorbei. Er schilderte ausführlich, wie positiv sich die Insel entwickle, man könne nach vorne blicken, in eine gemeinsame Zukunft. Während meines sechswöchigen Aufenthalts, der nicht nur von der Stiftung unterstützt wurde, sondern auch von der Irischen Botschaft in Berlin, begegnete ich vielen unterschiedlichen Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansichten. Ich kletterte auf den höchsten Berg, durchstreifte die Gassen Belfasts und erlebte wie die Menschen auf der Insel mit ihrer Lebenssituation zurecht kommen.

So zählte ich auch zu den Tausenden von Menschen, die aus ganz Irland und Nordirland nach Derry gereist waren, um einer der großen Paraden beizuwohnen. Sie standen als Gäste und Zuschauer am Straßenrand und sahen, wie die protestantische Gemeinde von Derry und den umliegenden Regionen durch die Straßen der Stadt zog. Die Veranstaltungen, die an Tradition und Geschichte der Protestanten auf der „grünen Insel“ anknüpfen, gelten seit jeher als eine Machtdemonstration und lassen daran zweifeln, dass der Konflikt vorbei ist. Der revisionistische Grundtenor hat sich kaum geändert. Es kommt immer wieder zu Übergriffen und Auseinandersetzungen . Auch bei den Vorbereitungen dieser Parade gab es Zwischenfälle. In Anwesenheit des örtlichen Pfarrers, der keinerlei Notiz zu nehmen schien, bewarfen sich Jugendliche beider Parteien mit Steinen und Flaschen. Ich selbst war unfreiwillig in die Situation [nbsp]hineingeraten und konnte nur noch zuschauen. Unbeeindruckt von diesen Tatsachen reihten sich die Marchingbands und Traditionsverbände der Region auf. Hundertschaften der Polizei sicherten die Straßen, am Himmel patrouillierten Hubschrauber. Auf der Stadt lag eine erdrückende Spannung. Auch die Protestantin Catherine Allen, bei deren Familie ich für eine Woche lebte, spürte die Spannung, die im Land herrscht. Sie ist im Friedensprozess engagiert und distanziert sich von dem überall spürbaren und das Alltagsleben bestimmenden Hassgefühlen. Sie will nach vorne blicken und den Menschen helfen, doch letztlich leidet sie wie die meisten unter den Feindseligkeiten. Angesichts der Morddrohungen von noch aktiven Paramilitärs musste sie sich und ihre Familie schützen. Dennoch ist sie der Ansicht, dass der Friedensprozess nun nicht stoppen darf. „Es gibt noch viel Arbeit“, meinte sie. Diese Ansicht vertreten auch die Versöhnungscenter, die ich in ganz Irland besucht habe. Dennoch, auch bei den vorhandenen Rückschlägen, sind die Menschen froh, dass es voran geht und der Konflikt nicht mehr all zu sehr ihr alltägliches Leben beeinflusst. David Key, ein Belfaster Jungunternehmer, bei dem ich eine Woche lebte, fühlte sich sichtlich befreit. Er genießt das Belfaster Nachtleben Tag für Tag.

Belfast/

Letztlich bin ich sehr froh, dass ich diese Reise unternommen habe, auch wenn es nicht immer leicht war, Beobachter zu sein und mit den Situationen zurecht zukommen. Dank der unbeschreiblichen Gastfreundschaft, die ich während meiner ganzen Reise spürte, kam Zweifel um den Sinn der Reise nie auf. Die Reise veranlasste mich nicht nur, mich mit einer Thematik auseinanderzusetzen. Es war viel mehr, sie beeinflusste, wenn es sich auch verrückt anhört, mein Leben doch recht deutlich.

Auf der Heimreise nach Deutschland war der bittere Geschmack auf der Zunge kaum zu überdecken. Die Insel birgt einen Konflikt, dessen Ausmaße und tief greifende Probleme, nicht nur für Außenstehende kaum zu erfassen sind. Zurück bleibt eine Jugend, in die viel Hoffnung gesetzt wird. Eine Jugend, für die konfessionell getrennte Schulen und Viertel an der Tagesordnung sind und die es trotzdem schaffen muss, nach und nach und mit viel Geduld und Energie, den Frieden auf die Insel zurück zu bringen. Eine Aufgabe, die vor allem dann schwierig ist, wenn viele Versuche der Versöhnung immer wieder aufs Neue im Keim erstickt werden, und es vor allem an Vertrauen fehlt. Schwierig, aber sicherlich nicht unmöglich.


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