Als ich den Reißverschluss meines Zelts aufmachte, hatte ich die bisher aufregendste Nacht meiner Reise hinter mir: Ich hatte das erste Mal in meinem Leben wild gecampt! Und auch wenn das in Schweden absolut legal ist, hatte es mich einige Überwindung gekostet mein Zelt mitten im Nichts aufzuschlagen. Nach dieser neuen Erfahrung stand mir der Besuch von Mjälloms Tunnbröd Bageriet bevor. Es war die zweite von fünf Bäckereien, in denen ich mehr über die Herstellung von Knäckebrot und über die Form des Familienbetriebs erfahren wollte. Mit meinem Reiserucksack auf dem Rücken erreichte ich den Eingang der großen Fabrik, wo ich gleich von Mats, einem Mitarbeiter begrüßt wurde.
Arbeiten in der Familienbäckerei
Nach einer kurzen Audienz beim Chef der Bäckerei wurde ich von Mats durch die Fabrik geführt. Mich überraschte die Tatsache, dass hier mehr Maschinen als Menschen am Werk waren. Nur die spezielle Teigherstellung lag noch in der Hand eines Bäckers. Mats beantwortete alles, was ich über die Firmengeschichte der Bäckerei und über die verschiedenen Sorten wissen wollte. Als er nebenbei einen Satz über seine eigene Knäckebrotherstellung fallen ließ, war meine Neugier geweckt. Somit beendeten wir kurzer Hand die Erkundungstour durch die Fabrik und fuhren mit dem Wagen zu Mats Haus, das mitten im Wald lag.
Gerade angekommen wurde ich von Mats Frau herzlich willkommen geheißen und zum Mittagessen eingeladen. Doch bevor ich den bunten Salat und Knäckebrot mit Butter und Fisch genießen durfte, wurden mir alle tierischen Bewohner des Gartens vorgestellt: Vom Pferd bis zu Kuh und Ziege war fast alles vertreten.
Knäckebrot und Touristen
Leutselig erzählte mir das Ehepaar von ihrem Leben, ihrem Souvenirladen und der kleinen Bäckerei, die ich kurz darauf auch zu sehen bekam. Wie sich herausstellte, lag die Besonderheit ihrer Bäckerei nicht an der Knäckebrot-sorte, sondern an der Veredelung des Brots, das Mats aus der Mjällom Tunnbröd Bageriet bezieht. In kleine handliche Schnitten geteilt wurde das Knäckebrot mit einer Schokoladenglasur überzogen und ergab so das "After Eight des Nordens". Hauptabnehmer dieser witzigen Idee sind Touristen, die das typisch skandinavische Knäckebrot schätzen gelernt haben.
Eingedeckt mit Mengen von Schokoladenknäckebrot machte ich mich schließlich auf zur Weiterreise, hinein ins Ungewisse. Rückblickend war es eine spannende Sache sich auf den Spuren des Knäckebrots zu bewegen und damit das Land durch eine seiner ältesten Traditionen kennen zu lernen. Mein Thema bildete sozusagen den individuellen Reiseführer für die Tour durch Schweden.
Positiv überrascht hat mich das Engagement vieler Schweden, wenn es darum ging mir in irgendeiner Weise weiterzuhelfen: So stellten sich die BäckerInnen gerne meinen Fragen bezüglich der Brotherstellung oder der Familientradition. Auf der anderen Seite erfuhr ich eine Gastfreundschaft sonders gleichen. War ich doch schon überglücklich, wenn ich im Garten der Bäckerfamilie mein Zelt aufstellen durfte, wurden meine Erwartungen oft noch damit übertrumpft, dass man mir gleich ein ganzes Gästezimmer anbot.
Als ich mich mit einer jungen Schwedin über die tolle Mentalität ihrer Landsleute unterhielt, machte sie mir deutlich, dass dies keineswegs nur an den Schweden lag. Vielmehr komme es darauf an wie man auf die Leute zugeht und mit welchem Selbstverständnis man sich als Tourist durchs Land bewegt. Und ich denke, dass die Zis-Reise einiges dazu beigetragen hat, dass ich Land und Leute auf so intensive und offene Art kennen lernen durfte.