Flüchtlinge in Deutschland: Stationen der Integration

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Flüchtlinge – ich habe dieses Wort in den letzten Jahren häufig vernommen. Viele Leute hatten irgendwie eine Meinung dazu. Doch wer diese Menschen, die ihr Heimatland verlassen müssen, wirklich sind, was sie hier erwartet und welchen Hürden sie sich hier stellen müssen, konnte ich nicht gut beantworten. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, die „Stationen“, die sie hier in Deutschland durchlaufen, zu besuchen und mit den Leuten zu reden...

Flüchtlinge – ich habe dieses Wort in den letzten Jahren häufig vernommen. Viele Leute hatten irgendwie eine Meinung dazu. Doch wer diese Menschen, die ihr Heimatland verlassen müssen, wirklich sind, was sie hier erwartet und welchen Hürden sie sich hier stellen müssen, konnte ich nicht gut beantworten. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, die „Stationen“, die sie hier in Deutschland durchlaufen, zu besuchen und mit den Leuten zu reden.

Relativ schnell ist mir auf jeden Fall klargeworden, dass es ein verdammt harter und langer Weg ist, um vollends in Deutschland anzukommen, wenn dies überhaupt jemals gelingt. Doch trotz ihrer großen Belastung sind mir Leute begegnet, die mich mit sehr offenen Armen empfangen haben und eine bewundernswerte und positive Einstellung zum Leben hatten und nicht die Hoffnung verloren. Ein paar Mal, wenn ich nach 19 Uhr noch immer zu Besuch war, lautete es einfach: „Jetzt ist es schon so spät, magst Du nicht einfach hier übernachten?“.

Ein anderes Mal habe ich beispielsweise an einem Freitag mit einer Pfarrerin telefoniert. Am Samstag wollte ich ankommen und hatte noch keine Unterkunft, und es stellte sich heraus, dass sie am Samstag zwar erst spät nachts heimkommen würde, sie mir aber einfach einen Schlüssel verstecken würde und ich dann schon alles in ihrer Wohnung finden würde. Man könne sich ja auch erst am nächsten Morgen kennenlernen... Diese Pfarrerin wusste weder, wer ich bin, noch, was ich überhaupt in Suhl machen wollte, da die Telefonverbindung beim Telefonat unglaublich schlecht war und sie auch nur zwischen Tür und Angel darauf angesprochen worden war, ob ihre Nummer an mich weitergegeben werden dürfe. Diese Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft hat sich durch meine gesamte Reise gezogen und hat mir wiederum in gewisser Weise ein Vertrauen darauf gegeben, dass es immer Leute geben wird, die einem helfen und man nicht allein dasteht.

In anderen Momenten habe ich allerdings auch an den Menschen gezweifelt. Mir wurden Erlebnisse berichtet, bei denen mir ein Schauer über den Rücken lief, und ich habe mich echt gefragt, was wir Menschen für Wesen sind. Warum können wir so grausam sein und warum nutzen Menschen immer wieder ihre Machtposition aus? Dabei wurde mir auch bewusst, was ich für eine große Illusion von der Welt in meinem Kopf habe.

Die Reise hat mir auch noch einmal besonders vor Au- gen geführt, wie privilegiert ich bin – und das in so vielen einzelnen Punkten. Dass ich privilegiert bin, wusste ich schon vorher, allerdings habe ich es in meinem Alltag bis dahin nie so intensiv gespürt. So viele Privilegien wurden mir einfach schon in die Wiege gelegt und geben mir so viele Vorteile. Allein, dass ich in Deutschland geboren wurde, in einem Land wohne, in dem kein Krieg herrscht, ich nie eine Flucht durchmachen musste, ich mich dadurch in keiner fremden Kultur zurechtfinden muss, die Landessprache sicher beherrsche, ich Eltern habe, die mir bei Fragen in der Schule helfen konnten, ich überhaupt eine Bildung bekomme und wir in der Familie keine finanziellen Sorgen haben. Durch dieses verstärkte Bewusstsein verspüre ich jetzt auch noch einmal eine größere Dankbarkeit und halte häufiger einmal inne, um mir dessen wieder gewahr zu werden.

Ein weiterer Punkt, der mich auch über die Reise hinaus beeinflusst hat, ist, dass ich in die verschiedenen Haushalte reinschnuppern und deren Lebenseinstellungen und Lebensmodelle kurz erleben durfte. Bewundernswert fand ich vor allem, welche positive Einstellung viele Flüchtlinge hatten, obwohl sie so viel Leid und Rückschläge schon erleben mussten. Davon können sich viele Leute noch eine Scheibe abschneiden. Es war auch lustig, in welch unerwarteten Situationen ich mich durch ihre freundliche Aufnahme befand. So war ich beispielsweise während meiner Reise auf einer Demonstration gegen Hans-Georg Maaßen, inmitten einer Hochzeitsplanung oder auf einer FDP-Wahlparty.

Abschließend kann ich auf jeden Fall sagen, dass mir die Reise sehr viel Spaß gemacht hat und letztendlich die Momente, in denen ich mich einsam oder ernüchtert gefühlt habe, im Rückblick immer stärker verblassen und stattdessen all die oben genannten positiven Erfahrungen bleiben. Wer also noch schwankt, ob er solch eine Challenge und Reise machen möchte, dem kann ich sie nur empfehlen.


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