„A Writer’s Muse“ - Muse der Schriftsteller

Ireland


Ich erinnere mich an eine Walking-Tour auf den Spuren der Dubliners, spüre die frische Atlantikbrise und den wilden Geist der Grace O´Malley auf der Insel Clare, rieche die frische Farbe in Heinrich Bölls Cottage auf Achill Island und streife im Geiste am dunklen Liffey entlang. Ich kann beinahe die kleinen Kobolde und Elfen im Farngebüsch von Dooney Rock entdecken und sehe in der Ferne zwei weiße Farbtupfen, die Schwäne am Coole Lake.

Unsere Nussschale kämpft sich wildschaukelnd durch die unbarmherzige Atlantikströmung und es dröhnt auch schon die Fähre in Holyhead. Ich schmunzle, wenn ich an all die lustigen Bewohner der kleinen Herberge in Keel denke und schaudere in der kühlen Brise des Hazle Wood. Eine Flut an bunten Eindrücken, witzigen und interessanten Gesprächen, Begegnungen und eindringlichen Momenten kommt in mir hoch, wenn ich mich an meine zis-Reise des vergangenen Jahres erinnere.

Oscar Wilde, Samuel Beckett, James Joyce, George Bernard Shaw – klangvolle Namen weltberühmter englischsprachiger Schriftsteller... die in Wahrheit aus Irland stammen. Wie kommt es, dass irische Schriftsteller oder Schriftsteller in der Auseinandersetzung mit Irland die Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts so geprägt haben? Welche Umstände und Eigenheiten Irlands haben dazu geführt, dass sich so viele Schriftsteller von der „Grünen Insel“ inspirieren ließen? Mit dieser Fragestellung, den „Dubliners“ von James Joyce, dem „Irischen Tagebuch“ von Heinrich Böll, den Gedichten von William Butler Yeats und weiteren 17,8 Kilogramm Überlebensutensilien im Gepäck machte ich mich auf die lange Reise, die mich von Stuttgart nach Calais, von Dover nach Holyhead, von Holyhead nach Dublin, von Dublin nach Sligo, nach Limerick, Achill Island, Galway und zurück führen sollte. Für meine Nachforschungen besuchte ich Museen und Institute, sie brachten mich zu Fachleuten und Wissenschaftlern, zufälligen Bekanntschaften und gar einem alten Bekannten von Heinrich Böll.

In diesem Moment der Reise realisiert man gar nicht das Ausmaß der stetigen Herausforderung, vor der man steht. Ob ich nun für ein Interview recherchieren oder einfach nur herausfinden musste, wie ich wann wohin komme, wie ich was herausfinde und wen ich wo um Hilfe bitten kann. Man ist mittendrin und völlig beschäftigt mit den kleinen Tücken und Hürden des Alltags, dem kleinen Überleben in der weiten Welt, dem Regen im Schuh und dem falschen Maßstab des Stadtplans. Man ist nicht in der Lage, einen Überblick von außen zu gewinnen, geschweige denn die Teile zusammenzufügen. So muss es mir am Ende wie ein großer Zufall vorkommen, dass ich auf meine Fragen verschiedenste Antworten erhalten und gefunden habe, die sich aber zu einer schlüssigen Lösung für mein Reisethema ergänzen.

James   Heinrich   Wiliam

Dann frage ich mich auch immer: War es Glück? Dass ich ausgerechnet den hilfsbereiten Leiter des Joyce-Centers interviewen durfte? Dass mich der Inseldoktor von Achill Island zu den Szenen des Irischen Tagebuchs führt? Dass die Chefin der Yeats-Gesellschaft mich auf Spurensuche im „Yeats country“ Sligo mitnimmt? Oder dass ich den gleichen Bus nehme wie Brian, der mir in Galway ein Dach über dem Kopf anbietet, dass ich Ferne über Stella über Imogen über Charlie kennen lerne? Vielleicht hat man einfach „Glück“, wenn man sich auf die Umstände und Begegnungen einlässt, man kann gar nicht sagen, „das ist ja ein Zufall“, weil der Zufall kein kurzer Moment, sondern allgegenwärtig ist und man findet ihn[nbsp] scheinbar besonders oft, wenn man auf einer solchen Reise ist, weil man ihn sucht oder weil man besonders auf ihn angewiesen ist.

All das hat sich auch auf eine andere Weise zusammengefügt. Dieses Durcheinander von Solidarität, Vertrauen, Spontaneität, Hilfsbereitschaft, schlicht Menschlichkeit, längst verloren gewähnten Begriffshüllen; sie haben sich während meiner Reise mit neuer, bunt gemischter Bedeutung gefüllt. Was dann bleibt, ist ein Gefühl. Ein Gefühl von Vertrautheit und Selbstbewusstsein in der Welt, und ein kleines Lächeln,jedes Mal, wenn ich aus dem Zug sehe und mir bewusst werde, ich bin wieder auf Reisen. James Joyce drückt es ein wenig für mich aus, er nennt es Epiphany.

„First we recognise that the object is one integral thing, then we recognise that it is an organized composite structure, a thing in fact: finally, when the relation of the parts is exquisite, when the parts are adjusted to the special point, we recognise that it is that thing which it is. Its soul, its whatness, leaps to us from the vestment of its appearance. The soul of the commonest object, the structure of which is so adjusted, seems to us radiant.“ (James Joyce, aus: Stephen Hero)


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